Schülerin der Kälte

Wasser war nie wirklich mein Element!
Eher so gar nicht.
Ich begegnete dem Wasser in Seen oder Meeren immer mit Ehrfurcht und Respekt, die schnell in Angst kippen konnte.

Auch Schwimmen war nie meine bevorzugte Sportart, doch eines Tages fasste ich im Frühsommer 2020 den Entschluss, zumindest einmal die Woche morgens in einen der wunderschönen Oberland-Seen, schwimmen zu gehen.
Ich wusste instinktiv, dass ich das einmal ausprobieren musste. Für neue Erfahrungen mit meinem Körper und meinem Geist.
Rasch haben sich ein oder zwei Mitstreiterinnen gefunden und so wurde es ein beliebtes Samstagmorgen-Ritual gemeinsam schwimmen zu gehen.
Das ging wirklich ein paar Wochen lang ganz ausgezeichnet, bis dann doch der neblige Herbst ins Land zog und keiner mehr so richtig Lust dazu hatte.
Weil zu kalt. Weil zu nass. Weil es morgens im Bett wärmer ist.

So saß ich an einer dieser Nieselregen-Samstage Anfang Oktober im gemütlichen Café bei uns im Ort und war mit einer Freundin verabredet. Wir kannten uns noch nicht lange, doch es war klar, dass wir uns wohl zu genau diesem Zeitpunkt in unserem Leben begegnen MUSSTEN.
Obwohl sich erst eine zarte Freundschaft anbahnte, teilten wir von Anfang an bereits viele Dinge aus unserem Inneren mit dem anderen.
So wollte es gegen Ende des Treffens dann aus mir raus: „Christina, was soll ich machen? Mich nervt das so an mir selbst! Morgens komme ich so schwer aus dem Bett und das Seeschwimmen jetzt im Oktober macht ja auch keiner mehr mit. Ich bin verzweifelt. Hast du einen Tipp?“

Mir machte morgens direkt nach dem Aufwachen dauerhaft eine wiederkehrende Migräne und Rückenschmerzen zu schaffen, sowie eine Art Gehirnnebel (engl. auch brainfog genannt) und sonstige düstere Gedanken, die das frühe Aufstehen so schwer machten.

Nachdem ich im Frühjahr 2018 an Pfeifferschen Drüsenfieber erkrankte und das aber erst wochenlang nicht erkannt wurde, stellte sich ab Mai 2018 eine hartnäckige Migräne und teilweise ein elender Schmerz im oberen rechten Rücken ein. Über viele Monate waren diese Symptome leider mein täglicher Begleiter.
Könnt ihr euch vorstellen, wie verzweifelt man ist, wenn man von Facharzt zu Heilpraktiker und von Heilerin zu Schamanen geht, und diese Schmerzen einfach weiterhin ungefragt über Wochen und Monate zu Besuch kommen?
Mir war dann klar, dass ich in meinem System tiefer gehen musste als die üblichen medizinischen Ansätze zu verfolgen um eine bleibende Heilung herbeizuführen.
Diesen Code der Selbstheilungskräfte musste doch auch für mich zu knacken sein!
Ich vertiefte mich in Literatur zu Spiritualität und unserem Unterbewusstsein.
In dieser Zeit fing ich mit Yoga an und übte mich in Meditation.
Auch war mir klar, dass in vielen Dingen eine entsprechende Ernährung einen Teil der Lösung bietet und auch schon tägliche Spaziergänge an der frischen Luft, Erleichterung verschaffen müssten.
Nur was mache ich genau mit meinen destruktiven Denkmustern und den tief sitzenden Ängsten und Zweifeln in mir?
Vielleicht gibt es etwas, was ich noch gar nicht auf dem Schirm habe.

Christina überlegte ein bisschen.

Dann kam sie raus mit: „Hast du das mit der Coldwater-Challenge von Wim Hof schon gesehen? Was wäre, wenn die Jahreszeit gar kein Grund darstellt, nicht auch weiter im kalten See zu schwimmen?“
Erst war ich echt überrascht über diesen Vorschlag. Dann stockte mir ein bisschen der Atem, aber dann musste ich lächeln – und sagte laut: „Warum eigentlich nicht? Ich will es ausprobieren, als Ober-Frostbeule. Was soll schon schiefgehen? Nur – alleine kann ich mich sicher nicht so dauerhaft motivieren. Dazu kenne ich mich zu gut. Wer könnte denn da mitmachen?“
Wie es sich für eine Soulsister gehört, war ganz klar, dass Christina mitmacht und wir uns ja dann gegenseitig Mut zusprechen können.
„Also abgemacht, um 7.00 Uhr in der Früh treffen wir uns am See. Wir stehen um 6.00 Uhr auf, trinken warmes Zitronenwasser und packen unsere Badetasche.
Ich hab` das im Frühjahr schon gemacht und vermisse es eigentlich schon ein bisschen! Für mich wird das auch eine Challenge, aber wenn wir es beide durchziehen, wird uns das SO VIEL bringen.“

Am Montagmorgen, den 12.10.2020, sollte es also losgehen.
Uns beiden war klar, dass es ein Erweitern unser beider Komfortzonen war und wer weiß – dabei könnte etwas Magisches passieren. Morgens in ein verlassenes Waldstück zu fahren um dann in dem noch im Dunkeln liegenden See zu baden, hat teilweise auch was Mystisches. Besonders, wenn Nebelschwaden geheimnisvoll über der Oberfläche wabern.
Ich muss an dieser Stelle echt diese wunderbaren Erfahrungen mit meiner Freundin Christina herausstellen!
Wer hätte annehmen können, dass wir uns gegenseitig so guttun. Der eine baut den anderen auf, wenn der Mindfuck gar zu groß ist. Der eine ermutigt den anderen trotz aller Vorbehalte, ins kalte Wasser zu gehen und reißt einen einfach mit.
Unsere Videos mit dem After-Coldwaterdance, der nur so vor Lebensfreude strotzt, sehe ich mir immer wieder gerne mit einem breiten Lächeln an.
Wir haben in all den Monaten Momente kreiert, die unvergesslich bleiben. Momente voller Dankbarkeit, tiefer Freundschaft und einer gemeinsamen neuen Liebe: dem Kaltwasserbaden.

Anfang November war klar, dass Christina für 4 Wochen im Ausland auf einem Seminar sein wird.
Etwas ratlos erzählte ich dann meinem Schatz Andi davon und es war sofort klar für ihn, dass er mich da einfach weiter begleitet – denn dass seine Freundin allein in den kalten See steigt – da müsste er mich schon begleiten und auf mich aufpassen.
Dass Andi der Warmduscher vor dem Herrn WAR, ist eine andere Geschichte, die ich ihn zu gerne erzählen lasse und könnt ihr in seinem Blog-Artikel nachlesen.
Ich hätte niemals eine Wette darauf gehalten, dass es Andi dann doch nicht beim Auf-Mich-aufpassen belässt, sondern sogar mit startet. So sehr hat mich das und er damit überrascht.
Und noch mehr: Dass er auch nach Monaten mit einer so großen Leidenschaft dabei ist und davor ziehe ich meinen Hut.

Im kalten Wasser geht es für mich vor allem um Begegnung und Verbindung.
Du begegnest im teilweise eisigen Nass der Natur um dich herum auf einer puren Ebene, indem du dich ihr hingibst und in sie hineintauchst. Ein Gefühl der Verbindung entsteht irgendwie auf dem Level, wie wir es vielleicht als Kind noch hatten, an dem wir an jedem Tag draußen waren und spielten. Bei jedem Wind und Wetter – denn es ging um Abenteuer und ERLEBEN als Kinder.
Du begegnest anderen ebenso Verrückten und findest einen totalen Spaß daran, diese Erfahrungen gemeinsam zu teilen. Welch Verlust wäre das bitte gewesen, so einige Personen, die ich erst in den letzten 3 Monaten kennengelernt habe, nicht begegnet zu sein! Unsere Coldwater-Crew schreit und singt und lacht miteinander, da das gemeinsame Mini-Abenteuer im Alltag einfach pure Lebensfreude kreiert. Wir schweigen aber auch gerne gemeinsam, das ist finde ich auch ein wichtiger Part. Es ist so wertvoll, wenn nach dem Bad bei einer Tasse Tee über die gemachten Erfahrungen ein Austausch stattfindet!

Du triffst auch noch jemand anderen im kalten Wasser: nämlich DICH SELBST auf einer anderen Ebene.
Wenn du deine Augen schließt und in dich selbst hineinsinkst. Die Zeit für scheinbar ewige Momente stillsteht, erfährst du wieder deinen wahren Kern und besuchst dein wahrhaftiges Zuhause, das in jedem von uns ist.
Ich möchte das Herstellen dieser Verbindung zu sich selbst, wirklich jeden ans Herz legen.

Tatsächlich ist dies alles was ich bis jetzt erlebt habe und fühlen darf, mein persönliches großes Wunder. Ich kann es nicht anders beschreiben.
Ich bin nun völlig medikamentenfrei und meine vielfältigen Schmerzen – allem voran die Migräne – ist sozusagen geheilt. HEILUNG – ich liebe dieses Wort.
Welch ein Geschenk bitte?

Ich WAR die, die sich wochenlang über viel zu viele Jahre ihres Lebens, morgens vor dem Frühstück phasenweise mehrere Schmerztabletten eingeworfen hat, um den bevorstehenden Tag bewältigen zu können.
Das beständige Sprengen deiner Komfortzone und damit das Besiegen deines inneren Schweinehundes, kultiviert eine neue mentale Stärke in dir.
Ein Spruch, dessen Bedeutung du bei diesem Abenteuer für dich erlebbar machst, ist:
„Du bist so viel mehr, als sie dir gesagt haben!“

Falls du das Kaltbaden noch nicht ausprobiert hast – worauf wartest du?
Du kannst dich sehr gerne bei mir melden für einen Austausch.

In Liebe und Dankbarkeit an dieses Leben,
Lydia

von

Die wohl kleinste und süßeste Eisbadenixe der Welt.

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